Mehrgenerationen-Wohnen: Hintergründe und Philosophie
Vor weniger als 100 Jahren war es vor allem auf dem Land bei den Bauern vollkommen normal, dass mehrere Generationen gemeinschaftlich wohnten und wirtschafteten. Die ganze Familie war fest in den Arbeitsablauf integriert. Von den Kindern über die Frauen und Geschwister bis hin zu den Eltern. Die Rollen waren dabei meist klar verteilt, wer konnte packte auf dem Feld mit an. Großeltern übernahmen oft die Betreuungsfunktion für die kleineren Enkelkinder. Dieses Wohn- und Lebenskonzept brachte ein großes Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit mit sich. Allerdings gab es auch dabei einige Nachteile. So waren in erster Linie die Frauen der mittleren Generation einer extremen Arbeitsbelastung ausgesetzt. Und Verwandte, die sich heutzutage schon lange getrennt hätten, waren gezwungen aufgrund der sonstigen Lebensumstände zur damaligen Zeit gezwungen weiter miteinander zu leben, was ständig zu Konflikten führte. Die räumliche Enge führte darüber hinaus zwangsläufig zu einer beschränkenden Lebensanschauung.
Aus diesen Erfahrungen hat man beim heutigen Mehrgenerationen-Wohnen gelernt. – An die Stelle von den früher (wie heute) oft problematischen, verwandtschaftlichen Bindungen treten heute ideelle Bindungen. Ziel dabei ist es die Annehmlichkeiten der früheren Wohngemeinschaft zu erlangen, ohne dabei die damaligen Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Es geht um ein Gefühl von Geborgenheit, das ohne Enge existiert. Um einen intellektuellen Austausch und intellektuelle Anregungen ohne jegliche Denkverbote. Vor allem ältere Menschen genießen das Mehrgenerationen- Wohnen, weil sie dadurch mehr Selbstbewusstsein bekommen, wenn sie feststellen, dass andere Menschen von ihrer Lebenserfahrung profitieren. Oft kommt es innerhalb von Mehrgenerationen-Wohnen zu regelrechten Wahlverwandschaften. – Da sucht sich ein Mädchen eben selbst seine Omi aus oder der Mann der Nachbarin wird zum Vaterersatz für den Sohn einer allein erziehenden Mutter. Wichtig bei Projekten zum Mehrgenerationen-Wohnen ist eine klare, faire und ausgeglichene Aufgabenverteilung, die niemanden benachteiligt. Schlecht ist es immer dann, wenn sich eine Partei ausgenutzt fühlt.
Für die bauliche Planung von Gebäuden und Anlagen für das Mehrgenerationen-Wohnen sollten die Bereiche für junge Menschen und die Bereiche für ältere Menschen klar getrennt werden. Weil jede Gruppe individuelle Bedürfnisse hat, die sich in einem planlosen Durcheinander nicht befriedigen lassen.
» Zurück zu: Gemeinsames Wohnen